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19-Punkte-Köchin Tanja Grandits

«Wir hatten lockige Vokuhila-Frisuren – schlimm!»

Sie hat 19 GaultMillau-Punkte – und null Phobien. Die Starköchin aus Basel, Tanja Grandits, wohnte als Teenager in einem rosa Dschungel. Dank Kitsch nimmt sie nicht alles zu ernst und dank dem Film «La vita è bella» vieles positiv.

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Tanja Grandits, Koechin, Persoenliche Interview, SI 49/2021

Sie führt seit 2008 das Restaurant Stucki in Basel: Tanja Grandits, 51, GaultMillaus «Koch des Jahres 2020».

Digitale Massarbeit

Tanja Grandits, als Sie 16 waren: Wie sah Ihr Zimmer aus?
Ganz toll! In meinem grossen Zimmer im Keller habe ich alles angemalt. Die Wände knallrosa, die alten Bauernmöbel der Grossmutter knallgrün. Mein Zimmer war ein rosa Dschungel.

Ihre früheste Erinnerung?
Da habe ich viele! Ich bin auf dem Land aufgewachsen mit Hühnern, Hasen und Apfelbäumen. Ich erinnere mich auch, wie ich zum dritten Geburtstag einen tollen roten Ball gekriegt habe.

Als Sie Kind waren: Was hat Ihre Mutter da immer zu Ihnen gesagt?
«Mei Tanjale». Ansonsten hat meine Mama mir immer die Zeit gelassen, die ich brauchte, hat mich einfach nur geliebt und nicht versucht zu ändern.

Erinnern Sie sich an Ihren ersten Schulschatz?
Mit 13 hatte ich eine Pausenhofliebe. Die war toll, aber nicht sehr aufregend.

Ihr schönstes Geschenk als Kind?
Meine Mutter hat uns die Kleider genäht, gestrickt und gehäkelt. Das Kleid zum Abschlussball meines Tanzkurses war eines meiner schönsten Geschenke.

Ihr Lieblingsbild im Fotoalbum?
Meine Mama ist letzten Herbst gestorben, und da sah ich wieder ein tolles Foto von uns drei Geschwistern auf dem Sofa am Chips-Essen. Es zeigt unsere Verbundenheit und Kindheit auf der Schwäbischen Alb. Einfache Dinge, die so toll sind und man schätzen sollte.

«Ich versuche, Emma zu vermitteln, dass es ganz oft nicht nur Schwarz und Weiss gibt. Eine starke, starre Meinung macht einen doch unfrei.»

Welcher Film hat Ihr Leben geprägt?
«La vita è bella» – das Leben ist schön: Den habe ich am meisten gesehen, und er berührt mich jedes Mal zutiefst. Diese unglaubliche, extrem optimistische Art des Vaters und wie er den Glauben nicht verliert. Ich glaube, dieses «immer Kopf hoch» habe ich mir auch zum Lebensmotto gemacht.

Ihre peinlichste Modesünde?
(Lacht.) Meine beste Freundin seit dem Kindergarten und ich haben kürzlich herzhaft über unser Konfirmationsfoto gelacht. Ich im Kostüm mit Hosenrock und Schulterpolster, dazu eine stahlblaue Krawatte. Und wir hatten lockige Vokuhila-Frisuren – schlimm!

Welches Geräusch lieben Sie?
Vogelgezwitscher! Von einer Sekunde auf die andere macht mich das glücklich.

Welches hassen Sie?
Alles, was unnötig laut ist. Das Scheppern in der Küche und aufheulende Autos.

Haben Sie Phobien oder Allergien?
Mit drei habe ich Heuschnupfen gekriegt, der mich sehr beeinträchtigt. Zudem bin ich allergisch auf Hunde und Katzen – und eigentlich auch auf Pferde. Doch seit ich öfter mit meiner Tochter im Stall bin und die damit verbundene Energie spüre, ist diese Allergie wie verschwunden. Phobien kenne ich keine, habe vor nichts Angst und mache mir generell wenig Sorgen.

Das Kitschigste, was Sie je machten?
Ich mag puristische, aber auch kitschige Sachen. Im Wohnzimmer habe ich ein riesiges Einhorn stehen, im Schlafzimmer ein lebensgrosses Plüschschaf und eine Ziege. Der Kitsch symbolisiert, dass man nicht alles zu ernst nehmen soll.

Die beste Idee Ihres Lebens?
Vermutlich nach Basel zu kommen und meinen Traum mit dem Restaurant Stucki hier zu realisieren. Das Beste in meinem Leben ist natürlich meine Tochter Emma, aber sie war keine Idee.

Tanja Grandits, Koechin, Persoenliche Interview, mit Tochter Emma, SI 49/2021

Am liebsten Tanja Grandits ihre Zeit mit ihrer 16-jährigen Tochter Emma, ihrem Pferd Merlin und Bulldogge Norma.

Lukas Lienhard/AT-Verlag

Wovon träumen Sie schon lange, getrauen es aber nicht zu tun?
Ich traue mich immer, alles zu machen, was ich möchte. So ist mein Leben.

Bei welchem Thema haben Sie Ihre Meinung fundamental geändert?
Nicht fundamental, aber ich bin eine Person, die versucht, extrem offen zu bleiben, und höre gern zu. Ich versuche auch, Emma zu vermitteln, dass es ganz oft nicht nur Schwarz und Weiss gibt. Eine starke, starre Meinung macht einen doch unfrei.

In welcher Situation in Ihrem Leben hatten Sie so richtig Schwein?
Ganz oft. Ich bin ein bisschen mit Glück gesegnet, glaube ich.

Welches war Ihr härtester Job?
Meine Lehre, die ich mit 23 und mit grossen Erwartungen in einem renommierten Haus begann. Ich wollte kochen lernen, doch stand ich stattdessen stundenlang am Salat- und Frühstücksbuffet. Es war hart, weil es so frustrierend war – und ich unterfordert.

Was an Ihnen ist nicht normal?
Ich habe eine wahnsinnig gute Wahrnehmung. Das sensitive Zusammenbringen von Dingen – Zutaten, Geschmäckern, aber auch von Menschen und Gefühlen – macht mich auch beim Kochen aus.

Womit belohnen Sie sich selbst?
Morgens mit einem Matcha Latte, dann mit gemeinsamer Zeit mit meiner Tochter. Ab und zu auch mit einem schönen Kleidungsstück, das ich meist in Nina van Rooijens Cabinet Store im Zürcher Viadukt finde.

Sie können Wunder vollbringen: Was sind Ihre ersten drei Taten?
Als Erstes gebe ich allen Menschen genug zu essen. Dann würde ich die Erde in Ordnung bringen, schauen, dass die Natur wieder funktioniert. Und als Drittes die Kommunikation unter den Menschen verbessern. Das Miteinander freundlicher machen.

Welchen Tag möchten Sie noch einmal erleben?
Für mich ist jeder Tag abgeschlossen. Ich lebe so fest im Hier und Jetzt. Alles ist gut, wie es ist. Und sicher ist alles, was noch kommt, auch gut.

Von Aurelia Robles am 12. Dezember 2021 - 11:53 Uhr