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Schweizer Unternehmerin im Interview

Schön mit Nazan Schnapp

Nazan Schnapp hat in Zürich ein Beauty-Imperium aufgebaut. Eine Begegnung mit der Autodidaktin, deren Produkte in den Badezimmerschränken der Stars stehen.

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Nazan Schnapp

Ohne je in der Beauty-Branche gearbeitet zuhaben, führt Schnapp eine erfolgreiche Kosmetiklinie.

Anja Wurm

Betritt die 1,84 Meter grosse Schweizerin den Raum, fällt sie auf. Ob das an ihrer Körpergrösse liegt oder an der tiefschwarzen Sonnenbrille, die das Gesicht ziert, während es draussen in Strömen regnet? Vermutlich eine Kombination aus beidem. Steht die 40-Jährige so vor einem mit ihrer schwarzen Lockenpracht und einer Luxus-Designer-Tasche in der Armbeuge, hat sie die Attitüde eines Hollywoodstars. Kratzt man leicht an der Oberfläche der Frau, die mit einem IQ von 140 an die Grenze zur Hochbegabung stösst, wird schnell klar: Nazan Schnapp ist nicht von dieser Welt. «Meine Mutter bezeichnet mich als Alien-Tochter», sagt das helvetische Hautpflege-Phänomen, während sie entspannt einen Café Creme in der goldgeprägten Lobby des Park Hyatts in Zürich bestellt. «Auf meine Alien-Kolleginnen und -Kollegen, die mich von diesem Planeten namens Erde abholen, warte ich aber noch.»

Trotz einer gewissen Distanz fühlt man sich sofort wohl in ihrer Umgebung, möchte etwas von dieser Aura, die sie umgibt, abhaben. Genau dieses Zusammenspiel aus Widersprüchen macht Nazan Schnapp einzigartig. Sowohl die Person als auch die Marke. Seit sie 2011 ihre Hautpflegelinie gründete, damals noch unter dem Namen Idil Botanicals, ist Nazan Schnapp aus den Badezimmerschränkchen der Celebritys nicht mehr wegzudenken. Ihre wohl berühmteste Anhängerin? Keine Geringere als Emma Watson, 32. Ob sie mit diesem Fakt hausieren geht? Nichts liegt ihr ferner.

STYLE: 2017 tauchte ein Bild vom Badezimmer des Harry-Potter-Stars auf. Darauf zu sehen: der May Rose Mist von Nazan Schnapp. Was ist seither passiert?
Nazan Schnapp: Nichts, da wir nicht darauf eingegangen sind. Das Bild haben wir zufällig entdeckt. Alanis Morissette postete auch schon mal unsere Produkte, aber wir schlachten diesen Fakt nicht aus. Unser Brand ist ein Juwel. Heutzutage muss man konstant die Werbetrommel rühren, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Wir lassen die Wirksamkeit unserer Produkte sprechen. Ich habe eine sehr laute Stimme und könnte problemlos die ganze Hotellobby unterhalten. Möchte ich das?
Nein. Und hier liegt auch schon die Krux. Würden wir unser Marketing und den Social-Media-Content ändern, wären wir schon weiter. Weiss ich, dass die
türkische Präsidentenfamilie Nazan Schnapp benutzt? Ja, aber ich möchte das nicht aller Welt offenlegen.

Sie sind in der Schweiz geboren, aufgewachsen, stammen von türkischen Eltern ab. Spielt Ihre Herkunft eine Rolle für die Marke?
Meine türkischen Wurzeln sind die Samen des Brands. Ohne sie wäre es nicht dazu gekommen. In meiner Familie ist Agrikultur tief im Gedankengut verankert. Dass Nazan Schnapp eine Schweizer Marke ist, ist dagegen reiner Zufall. Ich hätte den Brand überall auf der Welt gegründet. Für mich gibt es keine Grenzen. Da spricht der rebellische Wassermann aus mir.

Aber irgendwann müssen Sie doch mal an Ihre Grenzen stossen?
Das tönt nun narzisstisch, obwohl ich gar nicht so veranlagt bin, aber nur Gott kann mir Grenzen auferlegen - und ich bin nicht besonders religiös. Ich gebe nicht auf, wenn ich weiss, dass etwas machbar ist. Klar bin ich erschöpft. Sieht man es mir an? Nein. Meine grösste Herausforderung sind die Grenzen anderer. Alles andere ist machbar.

Nazan Schnapp

Nazan Schnapp bietet alles, was das Beauty-Herz begehrt. Nur von Haarpflege will sie (derzeit noch) die Finger lassen.

HO

Lange Zeit war Nazan Schnapp eine One-Woman-Show, Sie haben vom Packaging bis hin zur Betreuung der Social-Media-Kanäle alles selbst gemacht. Sind Sie je zufrieden?
Ich mache auch heute noch sehr viel. Das Packaging ist beispielsweise immer noch in meiner Hand. Andere würden sich auf die Schulter klopfen, bei mir
ist die Selbstkritik zu stark ausgeprägt. Ich bin stolz auf das, was ich geschaffen habe, ich kann aber noch mehr.

Sie verkaufen Ihre Pflegeprodukte unter Ihrem Namen. Was bedeutet das?
Es gibt Tage, an denen ich es bereue, dass die Marke Nazan Schnapp heisst. Ich werde oft mit Mails zugespammt. Zudem bin ich eine Founderin, die sich im Gegensatz zu anderen nicht so stark auf Social Media vermarktet. Das ist aber heutzutage die Erwartungshaltung. Sehe ich mir Content anderer Founder an, wie sie von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, muss ich oft lachen. Bei mir ist es umgekehrt. Ich weiss alles über die Produkte, weil ich es von null aufgebaut habe. Verhalte mich aber sehr
zurückhaltend, obwohl mir bewusst ist, dass unsere Fangemeinde mehr wissen möchte. Ich habe nichts zu verstecken und bin transparent, kann meinen inneren Schweinehund aber nicht überwinden. Natürlich wünsche ich mir manchmal, dass ich Nazan Schnapp, die Marke, wie eine Maske anziehe, Videos drehe und sie dann wieder ablege und entspannen kann. Das bewundere ich an anderen Foundern.

Ohne vorher in der Beauty-Industrie gearbeitet zu haben, haben Sie Nazan Schnapp gegründet. Woher weiss man als Autodidaktin, was es braucht?
Schon immer habe ich statt Romane Enzyklopädien gelesen, mein Allgemeinwissen ist breit gefächert und mein IQ liegt bei 140. Ich habe mir viele Dinge selbst beigebracht, wie Adobe Illustrator, hatte aber auch das Imposter-Syndrom, dieses Hochstapler-Ding. Jedoch hat sich herausgestellt, dass das, was ich mache, gut ist. Unsere Formulierungen sitzen. Ich bin Perfektionistin, hasse halbherzige Sachen. Das zahlt sich aus. Der grösste Fehler liegt darin, das eigene Potenzial nicht zu erkennen und zu
fördern. Es ist wie beim Saatgut: Man sät, pflegt und erntet.

Mehr Interviews, Modestrecken und Inspirationen findet Ihr in der aktuellen Style-Ausgabe, die der Schweizer Illustrierten beiliegt.

Von Carolina Lermann am 6. April 2023 - 18:00 Uhr