Kürzlich haben wir im Familienkreis so ein Fragespiel gespielt. Mich traf unter anderem die Frage «Was würdest du an deinem Körper ändern, wenn du könntest?» Ich musste nicht lange überlegen: Ich fände es grossartig, wenn meine Brüste wieder an dem Ort wären, an dem sie mal waren.
Ich dachte immer, die grösste Gefahr für Brüste seien Babys, die monatelang daran rumsaugen. Als nach einmal sechs Monaten und einmal sieben Monaten Stillen wieder alles zurück an seinem Platz war, war ich überzeugt davon, dass der Kelch des Hängebusens für alle Zeiten an mir vorbeigezogen war.
Ich lag falsch. Sehr falsch. Die grösste Gefahr für Brüste sind nicht Babys, sondern die unheilige Kombination aus Hormonen, alterndem Bindegewebe und Schwerkraft. So what, könnte man denken. Im mittleren Alter interessiert sich eh niemand mehr für deine sekundären Geschlechtsorgane, beziehungsweise, die, welche es tun, kennen sie, und ihre Position an deinem Körper ist ihnen idealerweise egal. Das Problem ist aber ein anderes. So langsam schliesse ich zwar Frieden mit meinen wechseljahr- und altersbedingten generell fülligeren Körperformen. Das dauert ein Weilchen. Das Geilste am Schlanksein ist nämlich nicht, dass dich Typen anstarren oder anmachen (im Gegenteil), sondern dass du einfach alles anziehen kannst, was dir gefällt. Du hast eine Kleidergrösse, wählst aus, und alles sieht gut aus.
«Liebe Unterwäsche-Hersteller, habt ihr schon mal reale Frauen im mittleren Alter gesehen?»
Seit ich körperlich etwas mehr Raum einnehme in der Welt, können Shoppingtouren schon mal zu einem einzigen Frust werden. Alles sieht scheisse aus. Was nicht nur Nachteile hat – es bleibt viel mehr Geld für Prosecco, um den Frust zu ertränken.
Im Ernst: Ich bin langsam am Lernen, was mir, beziehungsweise meinen «neuen» Körper steht und was nicht. Und so ein bisschen kommt die Freude an Mode wieder zurück. Mit einer Ausnahme: einen passenden BH zu finden ist mehr oder weniger eine unmögliche Mission. Bikinis habe ich bereits letzte Saison abgeschworen, zum Glück gibts Badeanzügen und hübsche Cover-Ups, die gleichzeitig noch vor Sonnenbrand schützen. Aber eben, ein BH ist ein BH ist ein BH und ohne gehts ja irgendwie auch nicht. So begab ich mich vor wenigen Tagen mal wieder auf diese Mission Impossible.
Darf ich euch mal ganz direkt ansprechen, liebe Unterwäsche-Hersteller? Habt ihr schon mal reale Frauen im mittleren Alter gesehen? Lasst mich euch erklären: Die Schwerkraft wirkt nicht nur gegen unten, sondern auch seitlich. Was zur Folge hat, dass frau breitere BH-Modelle braucht. Aber: breiter heisst nicht automatisch grösser! Wie kann es sein, dass ihr zuhauf Exemplare herstellt für (total unrealistische) ultradünne Frauen mit Riesenbrüsten, aber kaum welche für eher breite Frauen mit normal grossem Busen? Alles, was es in Breit gibt, gibts fast nur in Körbchengrösse Extra-Large. Ich hab dann einen BH gefunden. Sehr schön, ganz aus Spitze – die extrem unangenehm ribscht auf der Haut. Liebe Unterwäsche-Industrie: Hormone machen empfindlich, nicht nur psychisch, sondern auch physisch. Das gäbs imfall auch noch zu beachten. Vielleicht lest ihr das ja und habt Erbarmen. Ich würde mich wirklich freuen.