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Tag der Frauengesundheit

Auch in der Medizin sind wir nicht gleichberechtigt

Frauen sind in Sachen Gesundheit im Nachteil. Grund: Die Forschung wurde bislang von den Männern dominiert.

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Junge Frau

Frauen sind auch in der Medizin benachteiligt.

Getty Images

Keiner hatte sich überlegt, wie sich ein gerinnungshemmendes Herzinfarkt-Medikament auf eine Frau auswirkt, die gerade ihre Tage hat. Mit diesem anschaulichen Beispiel verdeutlicht Professorin Vera Regitz-Zagrosek das Geschlechterproblem in der Medizin. Wer sich zum Thema Frauengesundheit informieren will, landet immer noch hauptsächlich bei Institutionen, die sich auf Reproduktionssmedizin spezialisiert haben. Dabei beschränken sich die medizinischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern längst nicht nur auf die Geschlechtsorgane. 

«Bei ganz vielen Krankheitsbildern haben wir ganz massive Geschlechterunterschiede gefunden, die in der Versorgung und bei der Entwicklung von Therapiekonzepten leider unvollständig berücksichtigt werden», sagt die Kardiologin im Interview mit der deutschen Tagesschau. An der Berliner Charité erforscht sie die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der Medizin. Ein bislang vernachlässigtes Wissenschaftsfeld, was Regitz-Zagrosek darauf zurückführt, «dass die Leitfiguren in der Medizin Männer sind».   

Frauen werden falsch behandelt

So hat man etwa erst in den letzten Jahren festgestellt, dass die Immunsysteme von Männern und Frauen unterschiedlich reagieren. Männer sind etwa deutlich anfälliger für Infektionskrankheiten wie die saisonale Grippe, Frauen reagieren dafür viel heftiger, wenn sie davon betroffen sind und neigen auch eher zu Autoimmunerkrankungen. 

Seit 1987 macht der Internationale Tag der Frauengesundheit auf Probleme und Rechte von Frauen weltweit aufmerksam. Auch heute. Trotzdem sind wir von Gleichberechtigung in der Medizin noch weit entfernt. Frauen sind in medizinischen Studien nach wie vor untervertreten. Das liegt vor allem an der Befürchtung der Pharmahersteller, eine weibliche Testperson könne schwanger sein oder hormonelle Schwankungen könnten die Ergebnisse verfälschen und so einen (finanziellen) Mehraufwand bedeuten.

«Auf Basis herkömmlicher Herstellerstudien können wir daher nicht sicher sein, ob die pharmakologischen Substanzen sowie ihre Dosierung für Frauen geeignet und angemessen sind», wird die Krankenkassenvorsitzende Ulrike Hauffe von der Mitteldeutschen Zeitung zitiert. Ausserdem würden die körperlichen und seelischen Anliegen von Frauen oft unnötig pathologisiert, was zu einer systematischen Fehlversorgung und einer oftmals unnötigen Medikamentenabgabe führe, gibt die Expertin weiter zu bedenken. 

Ein Bild sorgt für Furore

Arzneimittel wirken bei Frauen auch deshalb anders, weil ihr Magen-Darm-Trakt langsamer funktioniert als jener der Männer und auch der höhere Fettanteil im weiblichen Körper führt dazu, dass Medikamente langsamer abgebaut werden und stärkere Nebenwirkungen auslösen können. «Auf die Idee, dass Medikamentennebenwirkungen und auch Überdosierungen die Ursache für die Symptome sein können, kommen nur wenige und daher ist es so, dass die Frauen nicht richtig beraten werden, und dass diese Nebenwirkungen erst einmal ignoriert werden», sagt auch Gendermedizinerin Dr. Ute Seeland.

Twitter Lemonadead
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Dass der männliche Körper im Biologieunterricht und selbst in der Wissenschaft noch immer der Standard ist, zeigen auch die extremen Reaktionen, die eine anatomische Abbildung der weiblichen Brust vor wenigen Monaten ausgelöst hat. Die Aufnahme ging innert weniger Stunden viral. Sogar BBC berichtete darüber, wie User weltweit in Anbetracht des sehr plastisch illustrierten Drüsensystems aus dem Staunen nicht mehr herauskamen. Über 130'000 Mal wurde das Bild gelikt und zigfach kommentiert. Der Grundtenor: Sowas habe ich noch nie gesehen!

Und die Moral von der Geschicht? Wenn der männliche Körper im Zentrum der Forschung steht und die Norm vorgibt, dann tut es der weibliche Körper: nicht.

Von Marlies Seifert am 28. Mai 2019 - 16:45 Uhr