1. Home
  2. Body & Health
  3. Mind
  4. Tag des Glücks: Wieviel Geld braucht man zum Glücklichsein?

Learnings beim Älterwerden

Der Satz «Geld ist nicht alles» war leider gelogen

Eigentlich macht Geld überhaupt nicht glücklich. Das sagen alle – und die müssen es ja wissen. Trotzdem gibt es Studien, die das Gegenteil beweisen. Also, was brauchen wir, damit wir zumindest «nicht unglücklich» sind? Ein Essay.

Artikel teilen

Sparschwein auf weiter Flur

Das Gute am Erwachsensein: Man kann sich kaufen, was man möchte, ohne um Erlaubnis zu fragen – man muss es aber auch selbst bezahlen.

Getty Images

Kurzer Exkurs: Momentan kann man nun wirklich nicht von Glück sprechen. Aber auch nach dem sicheren Abklingen, der wie auch immer verlaufenden Krise, sollten wir nicht sofort und unüberlegt zum früheren Alltag übergehen. Darum suchen wir auch jetzt nach dem kleinen Glück. Denn das sollten wir nicht einmal angesichts des drohenden grossen Unglücks aus den Augen verlieren.

Glück gilt heute als wichtigster Indikator für ein gelungenes Leben. Alle wollen glücklich sein. Wer es nicht ist, hat versagt. Ach, was ich dazu doch noch alles bräuchte – für mein Glück. Andere haben heute beispielsweise einen erfolgreicheren Artikel geschrieben, der mehr Klicks generiert hat als meiner. Oder wieder andere haben ein Traumhaus. Und ich? Habe nur meinen Neid. Und zu wenig Geld für Letzteres. Nicht besonders schön, dieser Neid, und besonders gerechtfertigt ist er auch nicht. Mir geht es gut. Trotzdem… 

Was braucht es denn nun zum Glück? Ein bisschen Glück... und mit etwas Glück genug Geld. Schon klar, die Zeiten, in denen Geld, das entsprechende Auto und die superteure Uhr ein Garant dafür waren, die sind vorbei. Glaubt niemand mehr dran (ausser die, die sich das superteure Teil eben gerade geleistet haben). 

Geld macht nicht glücklich. Vielleicht, so dachten sich kanadische Psychologen um Kostadin Kushlev von der University of British Columbia – vielleicht macht Geld nicht glücklich, aber wenigstens weniger traurig? Für irgendwas muss die Kohle doch schliesslich gut sein. Das Ergebnis: viel Geld und tägliches Glücksgefühl, da gab es keinerlei messbaren Zusammenhang. Mit dem täglichen Gefühl des Traurigseins aber gab es einen. Er war nicht riesig, aber vorhanden.  

Geld und das Zugehörigkeitsgefühl

Die Glücksforschung sagt ausserdem: Wir tun das, was uns diesen Zielen näher bringt. Dafür steht uns ein feines Sensorium zur Verfügung. Solange wir die Ziele nicht erreicht haben, lösen die Sensoren negative Emotionen aus. Diese wiederum führen zu Handlungen. Kaufhandlungen zum Beispiel. 

Also, weniger traurig, macht es. Und praktisch ist es. Denn auch wenn es nicht glücklich macht, dann zumindest reich. Es kommt aber auch drauf an, was man dann damit macht. Wer sein Geld in Erlebnisse investiert, soll glücklicher sein als solche, die es für Materielles ausgeben. Gleitschirmfliegen, Reisen auf die Philippinen. So was macht scheinbar sauglücklich.

Wobei es ja auch im Übrigen gar nicht nur die eigene Schuld ist, wenn man unglücklich ist. Jeder Mensch, so behauptet zumindest die Wissenschaft, hat ein persönliches Glückslevel, zu dem man nach freudigen oder traurigen Ereignissen wieder zurückkehrt. Egal, wie lebensverändernd das glückliche Ereignis war, nach einer gewissen Zeit pendelt man sich wieder in seinem Normalzustand ein. 

Ist das nicht beruhigend? Diese Erkenntnis erspart uns den Druck, ständig Highs hinterherzujagen und uns ständig zu überlegen: «Ja, was brauche ich noch, um endlich glücklich zu sein?» Einfach mal zufrieden zu sein, das klingt so erleichternd

Zufriedenheit – das ist das neue Glück 

Für Zufriedenheit braucht man überhaupt nix. Und wenn man nix braucht und nix erwartet, kann man auch nicht enttäuscht werden. Erwartungsreduktion. Das funktioniert ganz gut am Beispiel des Traumhauses: «Das kann ich mir halt momentan nicht leisten.» Tja, aber voilà: Trotzdem noch zufrieden. Davon, weiter darauf hinzusparen, hält mich dieses Denken dennoch nicht ab.

Und anstatt meine Zeit damit zu vergeuden, mich über einen anderen, etwas erfolgreicher laufenden Artikel zu ärgern, strenge ich mich vielleicht einfach noch etwas mehr an beim nächsten Mal. Je nachdem, was der Grund für die Beeinträchtigung der Zufriedenheit und den Neid ist, kann man ihn nämlich in einigen Fällen bekämpfen – was dagegen unternehmen. Das ist das Schöne an Gründen und Ursachen. 

Von Rahel Zingg am 19. März 2020 - 17:37 Uhr