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Wie lange eine Umarmung dauern muss, damit sie wirkt

Wer in den Arm genommen wird, fühlt im besten Fall Vertrauen, Zuneigung, Sicherheit und Trost – das ist gut für die Psyche – und damit auch für das körperliche Wohlbefinden. Ab einer bestimmten Umarmdauer beginnt das Gehirn Stoffe auszuschütten, die glücklich machen und Stress reduzieren. Wie lange man verweilen muss und ob das auch funktioniert, wenn man sich selbst in die Arme schliesst.

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Umarmung

Wir erzählen es allen, die gefühlt viel zu lang umarmen: Richtig so, denn das macht glücklich.

Anna Shvets/Pexels

So viele Sinneseindrücke spielen zusammen, nicht einer. Der Berührungssinn hat unterschiedliche Rezeptoren. Manche nehmen Wärme wahr, andere Druck, wieder andere Vibration oder die Lage eines Körperteils im Raum. Berührungen sind ein Ganzkörpererleben, kein reines Hautgeschehen. Die Haut zu berühren, hat Einfluss auf unsere Psyche. Umarmungen haben erwiesenermassen Einfluss auf unser Stressempfinden.

Wie funktioniert eine Umarmung?

Dank neuer Methoden der Bildgebung und Biotechnologie kann die Haut bis in kleinste Details erforscht werden. Dabei offenbart sich ein von der Evolution perfektionierter Schutzmantel, eng verwoben mit Immunsystem, Nerven und Psyche, bei dem sich schon kleinste Fehlfunktionen gravierend auf das Wohlbefinden auswirken können. Im Querschnitt lässt sich die menschliche Haut grob als dreischichtige Torte mit dünnem Guss beschreiben. In der obersten Schicht, der Epidermis, werden die Hornzellen produziert, der Guss – ein fein austarierter Prozess, der massgeblich über die Gesundheit unserer Haut entscheidet.

Unter der Epidermis liegt die Lederhaut, die mit ihrem Netzwerk aus Kollagenfasern der Haut ihre enorme Elastizität und Reissfestigkeit verleiht. Darunter befindet sich die Unterhaut aus lockerem Bindegewebe und Fettzellen. Sie beliefert die oberen Schichten mit Nährstoffen und sorgt dafür, dass die Haut sich insgesamt verschieben lässt, was bei jeder Massage eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird.

Hautpflege wirkt vor allem auf die Epidermis, Anti-Aging-Wirkstoffe sollen bis zur Lederhaut vordringen. In die Lederhaut wird auch die Farbe von Tattoos gestochen, weil sich diese Hautschicht im Gegensatz zur Epidermis viel seltener erneuert. In allen drei Hautschichten sitzen feine Nervenenden (der Fachbegriff ist «Nervenendigung») und spezialisierte Rezeptoren, die am ganzen Körper Druck, Dehnung, Vibrationen, Kälte, Wärme, Jucken oder Schmerzen registrieren und zum Gehirn weiterleiten. 

Bei einer Umarmung werden relativ grosse Hautbereiche verformt, Menschen tauschen Wärme aus. Die Hautrezeptoren schicken diese Impulse an das Gehirn, das daraufhin Hormone und Neurotransmitter ausschüttet, die wiederum auf unseren Körper wirken. Bewertet das Gehirn die Umarmung als positiv, wird unser Atem tiefer, die Muskulatur entspannt, der Blutdruck sinkt, wir empfinden weniger Angst.

Wie sieht die ideale Berührung, Umarmung aus?

Umarmt zu werden, geht mit einem niedrigeren Cortisolspiegel – also weniger Stress – einher. Das zeigt eine Studie an Versuchspersonen, die 20 Sekunden lang umarmt worden waren. Eine andere Studie ergab, dass die optimale Dauer für eine stimmungsaufhellende Umarmung eher bei 5 Sekunden liegt. So ganz klar sagen lässt sich also nicht, welches die optimale Dauer ist. Jeder Mensch hat schliesslich sein eigenes Empfinden, wie nah er andere gerne an sich heranlässt. Wissenschaftler*innen haben aber auch objektive Faktoren gesucht, die Hinweise auf die ideale Umarmung geben könnten. So wiesen Forscher*innen der japanischen Toho-Universität durch Überwachung der Herzfrequenz von Neugeborenen nach, dass die Umarmung eines Elternteils mit «mittlerem Druck» am besten beruhigt – und zwar sowohl die Babys als auch die Eltern. Länger als 25 Sekunden dauerte die Knuddelei in den japanischen Familien nicht, berichteten die Forscher*innen. Dann würden die Kinder unruhig.

Hat sich selbst zu umarmen auch einen positiven Effekt?

Sich selbst zu umarmen, ist ein bisschen wie sich selbst zu kitzeln. Weil es erwartbar ist, klappt es nicht so gut, es ist aber dennoch besser als gar keine Berührung. Eine Studie der Universität Chongqing in China zeigte zum Beispiel, dass sich Affen in Isolation häufiger selbst umarmen, um sich zu trösten. Um die Haut regelmässig zu stimulieren, kann man zum Beispiel ein Bad nehmen, ein Kleidungsstück tragen, das sich besonders angenehm auf der Haut anfühlt, oder ein Massagegerät ausprobieren. Am besten ist es, wenn die Haut von der Berührung überrascht wird. Bei Selbstberührungen ist also Abwechslung wichtig – und ein gewisser Überraschungseffekt. An eine Umarmung kommen sie dennoch nicht heran.

Die Biologie hat uns zur Kontaktabhängigkeit verdammt.

Von Style am 22. Februar 2024 - 16:00 Uhr