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Schädlich fürs Kind

Das Handy ist kein harmloses Beruhigungsmittel

So ein Handy wirkt Wunder: Es kann trotzende, quengelnde und wütende Kinder innerhalb von Sekunden beruhigen. Doch neue Studienergebnisse lassen darauf schliessen, dass man von diesem einfachen Hilfsmittel als Eltern besser die Finger lässt.

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Mutter und Baby mit Handy

Klappt immer – aber schadet auch: Das Kind beruhigen mit dem Smartphone. 

Getty Images

Es gibt ein Patentrezept gegen Kinderquengeln das einfach immer wirkt. Zu 100 Prozent und sofort. Das Handy. 

Egal, ob Kinder aus Langeweile rummotzen oder in einem ungünstigen Moment einen Trotzanfall kriegen, das kleine Gerät zeigt eine grosse Wirkung. Es zieht im Nu die ganze Aufmerksamkeit des Kindes auf sich und hat so schon manchen Elternteil vor peinlichen, nervtötenden oder unangenehmen Situationen bewahrt. Es ist also ziemlich beruhigend, zu wissen, dass man das kleine Gerät als Notfallmittel stets dabei hat. Im Flugzeug, im Restaurant, beim Familienfest, im ÖV ... Hauptsache, das Kind fällt nicht negativ auf und stört Mitpassagiere oder andere Menschen nicht. 

Studie belegt schädliche Auswirkungen des Handy-Einsatzes

Nun hat sich allerdings ein Team aus Wissenschaftlern damit befasst, wie der Handy-Einsatz sich bei Trotzanfällen oder in Ungedulds-Situtationen auf die kindliche Entwicklung auswirkt. Und leider, leider, leider gibts da nichts Gutes zu berichten.

Wenn Eltern oft auf das Handy als Beruhigungs-Hilfsmittel zurückgreifen, kann dies verhaltenspsychologisch ungünstige Folgen haben. Denn Eltern, die das Handy zur Beruhigung ihrer quengelnden Kinder einsetzen, nehmen diesen die Möglichkeit, eigene emotionale Bewältigungsstrategien für schwierige Gefühle zu entwickeln.

Das dadurch entstehende Defizit sei später schwer wieder wett zu machen, so die Hauptautorin der Studie, die verhaltenstherapeutische Kinderärztin Jenny Radesky von der University of Michigan in Ann Arbor. Diese Kinder lernen in der Folge schlechter, ihre Emotionen zu zügeln, unangenehme Situationen auch mal auszuhalten oder Gefühle zu regulieren. Das ist nicht nur für sie selbst belastend, es kann sich sogar negativ auf den Schulerfolg auswirken und ein erfolgreiches Miteinander mit Gleichaltrigen sabotieren.  

Mobilgeräte sind für Kleinkinder besonders entwicklungshemmend

«Besonders in der frühen Kindheit können Geräte die Entwicklung unabhängiger und alternativer Methoden zur Selbstregulierung verdrängen», so Radesky. «Die Verwendung von Mobilgeräten zur Beruhigung von Kleinkindern mag wie ein harmloses, zeitlich begrenztes Mittel erscheinen, um den Stress im Haushalt zu reduzieren, aber es kann langfristige Folgen haben, wenn dies eine regelmässige Beruhigungsstrategie ist.» 

Schwer zum Tragen komme dieser negative Zusammenhang bei bereits verhaltensauffälligen Kindern, die temperamentvoll, aufbrausend oder hyperatktiv sind. Denn diese werden offenbar besonders oft mit dem Handy ruhig gestellt, so das Forschungsteam. Und bei Jungen sei der Effekt ebenfalls verstärkt erkennbar.

Für ihre Studie haben die Forschenden 422 Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren begleitet. Erfasst wurde die Häufigkeit, mit der ein Smartphone oder Tablet zur Beruhigung eines Kindes eingesetzt wurde. Diese Zahl wurde anschliessent mit einem Wert zur emotionalen Dysregulation eines Kindes verglichen. Der Effekt ist klar: «Je häufiger die Geräte genutzt werden, desto weniger Übung haben die Kinder – und ihre Eltern – im Umgang mit anderen Bewältigungsstrategien», so Radesky.

Wie können Eltern ihren Kindern Selbstregulation beibringen?

Für die Leiterin der Studie ist klar: Eltern stehen in der Pflicht, ihren Kindern Strategien zur Emotionsregulierung beizubringen – anstatt sie mittels Handy oder Tablet davon abzulenken. Nur, wie geht das? Hier vier ganz einfache Tipps: 

  • Über Gefühle sprechen und sie benennen: Damit man mit Emotionen umgehen lernt, braucht man erst einmal ein Gefühl dafür, was sich in einem selbst gerade abspielt. Es hilft, wenn man von einem frühen Alter weg lernt, Emotionen wahrzunehmen und zu benennen. Am besten gelingt das, wenn die Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und über eigenen Emotionen ehrlich Auskunft geben – und einen gesunden Umgang damit vorzuleben. Lest dazu «So lernen Eltern, ihre Wut zu regulieren».
  • Knete, Slime und Co: Diese sensorischen Hilfsmittel helfen einem Kind, negative Emotionen wie Ungeduld oder Wut zu regulieren.
  • Bücher lesen: Es gibt zahlreiche Bücher, die sich damit befassen, wie Kinder lernen, ihre Emotionen bewältigen. Zum Beispiel: «Die 50 besten Spiele zur Selbstregulation» von Angelika Grubert.
  • Da sein, Verständnis zeigen. Prinzessin Catherine (40) macht es vor: Kinder, die in schwierigen emotionalen Momenten die Zuneigung ihrer Eltern spüren und sich verstanden fühlen, brauchen keinen Bildschirm mehr, um davon loszukommen. Lest dazu unseren Artikel: Prinzessin Catherines schlauer Umgang mit Wutanfällen. 

 

Von KMY am 13. Februar 2024 - 18:00 Uhr