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Mittelklasse

Wenn frau zur Sahara wird

Die Wechseljahre sind mehr als ein paar Hitzewallungen und das anschliessende Ausbleiben des weiblichen Zyklus. Unsere Kolumnistin wäre froh gewesen, hätte ihr das jemand gesagt, bevor die Perimenopause zuschlug. Sie übernimmt nun diese Aufgabe für alle, denen diese Phase des Lebens noch bevorsteht.

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Ein zugegebenermassen recht gescheiter Mann in meinem Leben hat mir «Mansplaining» – also den männlichen Drang, den Frauen die Welt zu erklären – mal wie folgt erklärt: «Ich finde, wer so viel weiss wie ich, hat die Pflicht, dieses Wissen weiterzugeben.» Ganz in diesem Sinne schreibe ich diese Kolumne. Wer keinen Bock mehr auf meine Ausführungen zu den Wechseljahren hat, darf getrost weiterscrollen. Allen anderen gebe ich gerne mein bisheriges Wissen weiter.

Ich selbst hätte nämlich gern mehr darüber gewusst, als sie bei mir einsetzten. Und ich habe den Verdacht, dass es mir da gleich ging wie den allermeisten Frauen. Das, was ich nach knapp drei Jahren Perimenopause weiss, hat mir nicht etwa meine Frauenärztin oder sonst jemand erzählt, ich habe es selbst erlebt und die Erklärungen dazu gegoogelt oder in Fachliteratur gelesen. Gesprochen wird immer noch kaum darüber. Kein Wunder, werden die meisten Frauen auf dem linken Fuss erwischt, wenn sie merken, dass sie nicht nur hin und wieder Hitzewallungen haben und irgendwann der Zyklus ausbleibt, sondern dass die unzähligen Symptome nicht nur Körper und Hirn beeinflussen, sondern zuweilen auch den Alltag.

Also, lasst es mich ganz einfach erklären. Die Wechseljahre bestehen aus zwei Teilen, die sind so ähnlich wie die Jahreszeiten am Äquator: es gibt die Regen- und die Trockenzeit. Teil eins, der feuchte Teil, zeichnet sich durch Östrogenüberschuss aus. Die Folgen: Wassereinlagerungen am ganzen Körper, explosionsartige Gewichtszunahme und wasserfallartige, unregelmässige Blutungen.

«Alles, was irgendwie austrocknen kann, trocknet aus. Die Augen, die Nasenschleimhäute, die Haut, die Vagina. Und das Hirn.»

Dann, wenn immer öfter nicht nur der Eisprung ausbleibt, sondern der Zyklus, kommt der Östrogenmangel – frau wird zur Sahara. Es trocknet wirklich alles an einem aus, das irgendwie austrocknen kann. Die Augen, die Nasenschleimhäute, die Haut, die Vagina. Und das Hirn. Ich könnte momentan stündlich meine Hände eincremen, wache nachts auf, weils mich überall juckt, und was mein Hirn gerade so macht, ist mir öfter ein totales Rätsel. Ich lege die Bluse, die ich in die Reinigung bringen will, auf meine Tasche, damit ich sie nicht vergesse. Zwanzig Minuten später zieh ich Schuhe und Mantel an, schmeiss die Bluse auf den Boden, nehm die Tasche und gehe aus dem Haus. Kürzlich hab ich beim Schauen eines Mystery-Thrillers geheult, weil ein Hund geblutet hat. Und dann diese schlechte Laune. Wie angeschmissen, ohne Grund. Hätte ich mir vor ein paar Jahren auch nicht träumen lassen, dass meine Tochter mal über die Tasche stolpert, die ich vor der Tür liegenliess, und mich fragt, ob es eigentlich einen Grund für meine miese Laune gibt.

In die trockene Phase mischt sich immer wieder mal eine kurze feuchte mit massiven Blutungen und Wassereinlagerungen. Die find ich fast schlimmer als die Trockenheit. Und die sprichwörtlichen Hitzewallungen? Hab ich auch, aber erstens nicht so oft, und zweitens find ichs nicht so tragisch. Auch wenn ich zuweilen komisch angeschaut werde, wenn ich im T-Shirt rumlaufe, während andere im Büro den Mantel anbehalten. Ausserdem geht das ja vorbei. Es kann bis zu zehn Jahre dauern, hab ich gelesen. Fehlen mir also noch sieben. Danach brauch ich eine andere Ausrede für schlechte Laune und Vergesslichkeit.

Von SC am 2. Februar 2025 - 07:30 Uhr