So ein Marathon – das wär doch was! Aber 42 Kilometer – wie soll man das als Normalsterbliche jemals schaffen? Zugegeben, von heute auf morgen kann man solche Herausforderungen nur stemmen, wenn man von Haus aus mit der Grundkondition einer jungen Göttin gesegnet ist. Bei den meisten von uns ist dies nicht der Fall. Das bedeutet aber nicht, dass euer Ziel unerreichbar ist.
Lasst es euch von jemandem gesagt sein, der vor ein paar Jahren noch keine Viertelstunde am Stück laufen konnte und jetzt mehr als 100 Kilometer durch die Wüste rennt: Alles ist möglich! Wir zeigen euch am Beispiel des Engadin Skimarathon, wie ihr jede Sportchallenge meistert.
Setzt euch ein sportliches, aber realistisches Ziel
«Es gibt immer wieder Kandidaten, die erst in der Marathonwoche hochkommen, ein paar Stunden nehmen und dann am Sonntag die 42 Kilometer hinter sich bringen», erzählt Ex-Langlauf-Nationalcoach Curdin Kasper kopfschüttelnd. Von 0 auf 100 in wenigen Tagen – dass das keine besonders gute Idee ist, dürfte klar sein. Doch konkrete Ziele sind wichtig. «Dabei sollte man sich weniger auf eine bestimmte Zeit fokussieren, sondern auf ein greifbares Resultat», so Kasper. Steckt euch für den Anfang kleine Ziele, zum Beispiel: einfach durchkommen. Oder: nicht Letzte zu werden. Wer etwas ambitionierter ist, kann sich auch eine ungefähre Platzierung – im mittleren Drittel, in der vorderen Hälfte – vornehmen. Wichtig ist, dass ihr am Schluss ein Erfolgserlebnis feiert, das euch zum Weitermachen motiviert. Schliesslich wollen wir ja nicht so viel Zeit und Schweiss in eine einmalige Sache investieren, oder?
Holt euch professionelle Hilfe
Bevor ihr euch ins Training stürzt, empfiehlt sich ein Gang zum Arzt. Er stellt sicher, dass ihr den gesundheitlichen Anforderungen gewachsen seid, die eine Wettkampfvorbereitung erfordert. Wenn ihr eure Grundkondition möglichst effizient aufbauen möchtet, könnt ihr zudem einen spezialisierten Sportarzt oder Bewegungswissenschaftler konsultieren. Er ermittelt eure Belastungsgrenze und gibt konkrete Tipps, wie ihr eure Leistung mit einem gezieltem Trainings- und Ernährungsplan verbessern könnt. Wir waren für unseren Fitness-Test bei Mirko Colombo in Pontresina. Auf 1'800 Metern über Meer kommt man noch etwas schneller aus der Puste als im Flachland – auch solche Umstände sollte man bei der Wettkampfvorbereitung beachten.
Seid diszipliniert
Jetzt habt ihr also einen Trainingsplan vom Experten. Und nun? Ihr habt's geahnt: Hier beginnt der schwierige Teil, denn jetzt geht es darum, sich an diesen Plan zu halten. In unserem Fall hat Mirko Colombo Kraft- und Ausdauertraining empfohlen, denn nur mit einem Mix aus beidem kann man die Leistung nachhaltig verbessern. Dreimal die Woche steht Sport auf dem Programm. Klingt erst mal nach viel, bedeutet aber konkret: Bootcamp am Dienstagmorgen, Donnerstag über Mittag 45 Minuten Intervall-Lauf und am Wochenende 60 bis 90 Minuten Dauerlauf. Das ist durchaus machbar! Was beim Langlaufen hinzukommt, ist das Techniktraining, denn je besser die Technik, desto kraftsparender seid ihr unterwegs. Auf 42 Kilometern machen winzige Fehler einen Riesenunterschied. Also so oft wie möglich Langlauf gegen Longjog austauschen – und zwischendurch immer mal wieder eine Privatstunde beim Profi einplanen.
Übertreibt nicht
Irgendwann werdet ihr so in den Flow kommen, dass ihr vor lauter Fortschritten und Verbesserungspotenzial vergesst Pausen einzulegen. «Ruhephasen sind wichtig. Nur so kann der Körper regenerieren und neue Kräfte aufbauen», sagt Curdin Kasper. Also bitte trotz aller Motivation nicht in die Übertrainingsfalle tappen. Insbesondere in der letzten Woche vor dem Wettkampf solltet ihr die Füsse still halten. «Wenn man jetzt nicht fit genug ist, lässt sich das nicht mehr kompensieren», so Kasper. Lieber mit sanftem Training das erreichte Niveau halten und die Energie für den Wettkampf sparen.
Testet eure Ausrüstung
Ihr wollt ja am Schluss nicht dem Equipment die Schuld geben, wenn euer Vorhaben platzt, oder? Im Ernst: Egal ob ihr vier Tage in der Wüste überleben müsst, 42 Kilometer durch eine Metropole rennt oder auf Skiern einmal das Oberengadin durchquert – eure Ausrüstung ist in diesen Momenten euer bester Freund. Und was haben beste Freunde so an sich? Man kennt sie in- und auswendig. Das gilt nicht nur für Laufschuhe oder Skis und Stöcke, sondern auch für eure Bekleidung. Diese solltet ihr auf die jeweiligen Bedingungen am Wettkampftag anpassen. Um böse Überraschungen zu vermeiden, absolviert ihr am besten Testläufe in verschiedenen Wunsch-Monturen. Irgendwann ist dann aber auch mal fertig optimiert und ihr müsst euch auf euer Material verlassen. «Kurz vor dem Wettkampf sollte man keine Experimente mehr wagen», sagt Curdin Kasper.
Schnuppert Wettkampfluft
Ihr seid nervös, vom Adrenalin beflügelt – und ihr spürt die Energie der Masse. Eine Marathonteilnahme bedeutet viel mehr als einfach 42 Kilometer zu joggen. Wobei natürlich auch das alleine schon eine riesige Herausforderung ist. «Am besten nimmt man während der Saison an anderen Läufen Teil. So kann man schon etwas Wettkampfluft schnuppern», sagt Curdin Kasper. Wie komme ich mit den vielen Menschen am Start zurecht? Bieten mir die Verpflegungsposten genug Energie? Wie stelle ich sicher, dass ich mich vom Tempo anderer nicht mitreissen lasse? Mit welchem Mantra kann ich mich unterwegs motivieren? Wie bringe ich die Zeit rum (Geheimtipp von Langlauflehrerin Nadja: auf Details achten, mal auf die Zehen, mal auf den Stockeinsatz)? Wenn ihr ungefähr wisst, wie das Drumherum funktioniert, könnt ihr euch besser auf die eigentliche Sache konzentrieren, eure sportliche Leistung nämlich.
Legt euch eine Taktik zurecht
Ist das jetzt der letzte Hügel oder kommt noch eine Schikane? Muss ich an dieser Stelle meine Kräfte schonen, weil nachher ein schwieriges Stück auf mich zukommt? Es ist immer besser zu wissen, was euch erwartet. Auch wenn das am Anfang vielleicht albern klingt, weil ihr ja keine Spitzenathleten seid, die sowas normalerweise machen: Besichtigt die Wettkampfstrecke und legt euch eine Taktik zurecht. Ihr seid vielleicht keine Sportprofis, aber ihr habt mit eurem Hobby ein ziemlich ambitioniertes Level erreicht. Trotzdem nicht übermütig werden bitte! «Lieber am Anfang etwas zurückhaltender vorgehen. Wenn ihr hinten raus noch Reserven habt, könnt ihr immer noch Gas geben», lautet der Rat von unserem Langlauflehrer Camillo. Er hat den «Engadiner» schon 30 Mal absolviert und muss es wissen.
Habt Spass!
Das wars. Ihr habt euch wochen- oder monatelang auf diesen Moment vorbereitet und seid ready. Geniesst eure Challenge und erinnert euch jedes Mal, wenn ihr euch fragt, wieso ihr euch das eigentlich antut, daran, wie weit ihr schon gekommen seid. Wahnsinn, oder?
Die Recherchereise fand auf Einladung des Cresta Palace in Celerina statt. Dieses Jahr hat das Traditionshaus einen «Premium Langlauf Hit» aufgelegt. Im Luxus-Trainingscamp werden Teilnehmer von Bewegungswissenschaftler Mirko Colombo betreut und in der Langlaufschule von Ex-Nationaltrainer Curdin Kasper unterrichtet. Im Preis von 2'610 Franken pro Person sind neben den fünf Übernachtungen mit Vollpension auch eine Fitnessanalyse, ein viertägiger Langlaufkurs sowie persönliche Unterstützung zum Erreichen der eigenen sportlichen Ziele enthalten. Chefkoch Rolf J. Schmitz nimmt Rücksicht auf individuelle Ernährungspläne, nach dem Langlaufunterricht kann man sich aufs Stretching im hoteleigenen Gym freuen und anschliessend die Glieder im riesigen Wellnessbereich entspannen. Wenn ein Trainingscamp so aussieht, dann nehmen wir den Muskelkater gerne in Kauf!
Weitere Infos: www.crestapalace.ch