Bisher hat am Zürcher Limmatquai die Sonne geschienen: Auf gelbem Retro-Samt unter rosa Neonröhren flogen Pizzastücke mit allem Möglichen durch die Reihen. Wer eins wollte, brüllte «Hier». Jetzt reckt niemand mehr die Hand in die Luft, auch die ältere Schwester in tiefdunklem Türkis an der Langstrasse ist menschenleer: Mit dem Beschluss des Bundesrats zur Bekämpfung des Coronavirus schliessen Restaurants ihre so geselligen Tore – vorerst bis 19. April. Unter anderem traf es die «SO Pizza»-Filialen von Yven Vogel. Und jetzt? Pizza ist schliesslich Grundnahrungsmittel und damit fast so wichtig wie WC-Papier. Im Ernst: Wie zur Hölle kann man das Drama um das Sterben der Gastro-Szene stemmen?
Style: Restaurants sind geschlossen, schnell mal auf 'ne Pizza vorbeikommen – das geht nicht mehr. Wie geht es weiter?
Yven Vogel: Wir sitzen alle im gleichen Boot, diese ausserordentliche Situation konnte so niemand voraussehen. Wir vertrauen darauf, dass das System in unserem Land funktioniert und wir baldmöglichst in den Alltag zurückkehren können. So lange wir das noch dürfen, werden wir mit einzelnen Angestellten Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten erledigen. In der SO-Filiale am Limmatquai kann man bis auf Weiteres Pizzen nach Hause bestellen (über Takeaway.com) oder vor Ort abholen.
Alle Welt redet von Home Office. In der Gastro-Welt ist das nicht möglich. Beunruhigt dich das?
Die gesamte Situation ist beunruhigend. Nur sehr wenige Branchen können weiterarbeiten wie bis anhin. Für viele Bereiche wird es wohl Änderungen geben, die auch nach der Krise anhalten werden. Der Staat wird Lösungen suchen und wir hoffen, dass uns diese ein Weiterbestehen sichern werden.
Was bedeutet der wahrscheinliche Fall der kompletten Ausgangssperre wie in Italien für SO Pizza?
Ob wir dann noch Pizza-Delivery anbieten können, wissen wir jetzt nicht. Falls dies nicht mehr möglich sein wird, stellen wir uns auf einen umso grösseren Ansturm nach der Krise ein – wer kann schon so lange auf eine ofenfrische Pizza verzichten?
Bangt man als Gastronom derzeit um seine Existenz? Wie lange kann man das stemmen?
Natürlich – niemand weiss, wie es weitergeht. Die Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern beschäftigt uns sehr. Wir haben für Sie frühzeitig Kurzarbeit beantragt und wir haben bei unserer Gründung zum Glück eine sehr gute Versicherung abgeschlossen, die solche Fälle deckt. Das war rückblickend eine gute und sinnvolle Investition in unser junges Unternehmen.
Wie ist man ein guter Chef? Wie bringt man den Mitarbeitern bei, dass erstmal kein Geld kommt?
Das Verständnis für diese spezielle Situation ist gross. Wir gehen nicht davon aus, dass jemand seinen Chef dafür verantwortlich machen will. Die Vorkehrungen zum Schutz unserer Mitarbeiter haben wir früh getroffen. Nun wird sich zeigen, wie gut das System mit einer Situation umgeht, die alle tief getroffen hat.
Was wird COVID-19 mit deiner Branche machen?
Wahrscheinlich werden diese Zeit nicht alle Restaurants überleben. Das hat schlechte aber auch gute Seiten.
Wird die Situation das Bewusstsein der Menschen schärfen? Wird man in Zukunft gutes Essen, Beisammensein, hochwertige Zutaten und Saisonales mehr zu schätzen wissen?
Hoffentlich – in diese Richtung geht es jetzt schon. Über längere Zeit darauf verzichten zu müssen – das wird den guten Restaurants nach der Krise sicher helfen, wieder ein Polster aufzubauen.
Danke, Yven 🍕