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Ausgepowert und in Sorge

Hier lassen Eltern ihren Lockdown-Frust raus

In den sozialen Medien verschaffen sich Mütter und Väter Luft. Unter dem Hashtag #CoronaEltern lassen sie ihrem Unmut wegen der schwierigen Situation mit Homeoffice, Homeschooling und Homestaying freien Lauf.

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Mother and son sitting at the table with laptop. Mother is consulting online. Looking sad and frustrated.

Arbeit, Kinderbetreuung, Homeschooling, Haushalt: Die Anforderungen an Eltern sind in der Corona-Krise sehr hoch.

Getty Images

Alles begann vor ein paar Tagen mit einer Nachricht bei Twitter: «Was machen eigentlich Eltern, die nicht mehr können? Ich frage für, nun ja, fast alle, die ich so kenne.»

Diese zwei Sätze der deutschen Journalistin und Chefredaktorin des Online-Magazins «Edition F», Mareice Kaiser, sorgen seither in den sozialen Medien für Aufruhr. Im deutschsprachigen Raum wird rege diskutiert und Dampf abgelassen. Mütter und Väter erzählen, wie sie die aktuelle Corona-Situation mit Kindern meistern. Tausende Beiträge, allesamt mit dem neuen Hashtag #CoronaEltern versehen, sind so schon entstanden, täglich kommen neue hinzu.

Eltern am Rande der Belastbarkeit

Es tut gut, sich mal durchzuscrollen durch diesen virtuellen Ort des Verstanden-Werdens. Zwar hat das Homeoffice auch Vorteile, doch der neue Alltag, in dem wir gleichzeitig verständnisvolle Eltern, Erzieher*innen, Lehrer*innen und Arbeiter*innen sein sollen, bringt viele von uns täglich an den Rand der Belastbarkeit. Da tut es gut, zu sehen, dass man nicht allein ist, dass auch andere ihre Probleme haben. Besonders Eltern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, alleinerziehend sind oder pflegebedürftige Kinder versorgen müssen, sind reihenweise ausgebrannt und am Ende.

Natürlich stecken nicht alle in solchen Extremsituationen. Aber bei #CoronaEltern gehts auch nicht darum, die Schicksale und täglichen Hochs und Tiefs gegeneinander aufzuwiegen. Es geht darum, ehrlich sagen zu dürfen, wie man die Corona-Krise meistert, dass man sich als Mutter oder Vater von der Politik im Stich gelassen fühlt, obwohl man die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus nachvollziehen kann. Dass man bei allem Verständnis auf ein Burnout zusteuert – oder aufgrund der finanziellen Not in eine Depression. Dass die Kinder unglücklich sind, weil die Eltern unglücklich sind. Dass die Kleinen ihre Freunde, Schulen oder Spielplätze vermissen und deshalb Terror machen, weil auch sie nicht wissen, wohin mit all den Gefühlen.

«Ich habe Angst»

Für einmal geht es auf Social Media nicht darum, eine heile Welt zu zeigen und überbearbeitete Fotos zu posten. Stattdessen bekommt man einen ungeschönten Einblick in die täglichen Realitäten der Familien. Es gibt auch zahlreiche positive Beiträge von Eltern, welche die Extrazeit mit den Kindern geniessen können. Die Mehrheit der Posts macht jedoch deutlich, wie zehrend die Situation ist.

«Ich habe mich gestern heulend auf den Küchenboden gelegt. Meine Zweijährige hat meinen Rücken gestreichelt und der Sechsjährige meinen Kopf. Hat etwas geholfen», schreibt eine der Mütter. Eine andere macht sich Sorgen um die Zukunft: «Ich habe Angst, was diese Zeit mit uns macht. Mit unserer Tochter, mit uns als Familie. Auch finanziell. Wir sind nicht systemrelevant. Dieses Wort – ich kann es nicht mehr hören.»

Grund für den Tweet, den Mareice Kaiser abgesetzt hat, ist ein politischer. Denn Eltern haben keine Lobby, die sich für sie einsetzt. Für sie werden keine schnellen Lösungen präsentiert oder Fördertöpfe geöffnet. Sie sollen einfach weitermachen, den Schulkindern ohne Wenn und Aber den Unterrichtsstoff einhämmern und – was denn sonst – bitte beste Leistungen im Job bringen. Während in der Schweiz die Kitas nie offiziell geschlossen wurden und die obligatorischen Grundschulen voraussichtlich am 11. Mai wieder öffnen, gibt es bei unserem nördlichen Nachbarn Deutschland nicht so schnell ein Licht am Ende des Tunnels. Der August wird angepeilt, was aber bedeutet, dass Eltern und Kinder noch mindestens drei Monate daheim ausharren müssen. 

#CoronaEltern zeigt deutlich, dass wir mit unseren Sorgen nicht allein sind

Hasskommentare – aber auch viel Verständnis

Wer schon mal in Kommentarspalten auf Social Media gestöbert hat, weiss, dass Ehrlichkeit immer Hasskommentare nach sich zieht. Besonders Mütter gönnen einander gar nichts und zeigen gerne mit dem Finger aufeinander. Sätze wie «Wenn es so anstrengend ist, dann hättest du dir besser keine Kinder zugelegt» finden sich unter den Beiträgen zuhauf. Aber es gibt auch sehr viel Verständnis und gegenseitiges Mutmachen. Und das zu sehen, hilft!

Wenn ihr euch also heute mies fühlt, euren Kindern gegenüber ein schlechtes Gewissen habt oder nicht wisst, wie ihr das Pensum der nächsten Tage heil überstehen sollt – die #CoronaEltern zeigen deutlich, dass ihr nicht allein seid.

Von Edita Dizdar am 27. April 2020 - 07:09 Uhr