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  4. Trend Mode Dopamin: Kidcore ist der Grund, dass sich Erwachsene anziehen wie Kinder

Dopamin mit Speed

Kidcore – warum sich Erwachsene anziehen wie Kinder

Grelle, vibrierende Farben zu tragen, schüttet Glückshormone aus, macht happy. Sogenannte Gute-Laune-Kleidung hat sich in den letzten Monaten zum Trend entwickelt. Kidcore setzt da nun noch einen drauf. Über das nächste Level von der fröhlichen Garderobe, über Dopamine Dressing auf Speed.

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Bella Hadid

Dopamin und die Nostalgie vom Kindsein – sind das die Gründe, für den Trend Kidcore, den Model Bella Hadid hier präsentiert?

instagram/bellahadid

Vielleicht habt ihr es schon selbst gesehen: die leuchtenden Perlenketten von Dua Lipa und Bella Hadid, das polarisierende High-Fashion-Revival der Crocs in den letzten Jahren (wir meinen auch die Balenciaga-Kollaboration) und die JW-Anderson-Strickjacke mit Patchworkmuster, die Harry Styles 2020 bei einer Probe bei der Today Show trug. Es ist eine Ästhetik, die an die Nostalgie der Kindheit anknüpft. Sie zeichnet sich aus durch eine kühne Regenbogenfarbpalette und verspielte Musterkombinationen.

Und der Trend zu niedlichen, kindischen Dingen hat natürlich auch schon einen Namen: Kidcore. So wie alles in den vergangenen Jahren, das sich nach einem richtig heftigen Ding anhören sollte, bekommt auch das ein «core» hinten drangeklebt. Die Nachsilbe bedeutet so viel wie «im Kern», «durch und durch» – Hardcore halt. Das fing 2014 an mit Normcore (so gewöhnliche Kleidung, dass sie schon wieder extrem war). Es ging mit Cottagecore (viel Landleben-Zeugs) weiter.

Kidcore ist nun das genaue Gegenteil von Normcore. In dieser Welt findet Normalität und Minimalismus keinen Platz. Die ersten Anzeichen dieses Trends gab es schon 2018. Batik kam zurück. Erwachsene Comedians wie Pete Davidsons oder Sänger wie Chris Martin liefen psychedelisch gekreist herum. Loewe lieferte Handtaschen in Elefantenform und in allen Farben nach. Dann kamen die Crocs zurück. Via Balenciaga und mit süssen Pins, für die vielen kleinen Löcher im Gummi.

Während der Pandemie köchelte Kidcore dann weiter. Lyst, ein britisches Unternehmen, das das Verhalten von mehr als 150 Millionen Online-Käufern im Jahr 2021 verfolgte, stufte Kidcore als einen der Top-Trends des Jahres 2021 ein, was vor allem auf den erhöhten Suchanfragen nach Dingen wie Halsketten mit Anhängern und Crocs in Cartoon-Optik beruht. 

Wir sehnen uns nach der Behaglichkeit unserer Kindertage

«Da Kidcore von der Kinderkultur der 80er-, 90er- und 00er-Jahre inspiriert ist, kann es auch ein Gefühl der Behaglichkeit auslösen», sagt eine Psychologin zu Harpers Bazaar. Früher war ja nun wirklich nicht alles besser, aber man tendiert dazu, sich an die positiven Momente zu erinnern, die Vergangenheit zu verklären. Sie gibt einem ein gutes Gefühl. Besonders heute, in dieser Realität mit Pandemie, Klimaerwärmung oder einem Krieg in Europa – Die Welt ist zu einem chaotischeren, unsichereren Ort geworden. «Die Kidcore-Ästhetik knüpft an den allgemeinen Dopamin-Kleidungs-Trend an, der einen Gegenpol zu den faden und oft langweiligen Kleidern bildet, die während der Pandemie getragen wurden. Extrovertiertheit und Ausgelassenheit sind im Jahr 2022 wieder gross im Kommen, um unsere Stimmung in Zeiten anhaltender Unsicherheit zu heben.»

Die Sehnsucht nach den guten alten Zeiten ist stark und ausgeprägt. Zurück zu diesem wattehaften Zustand absoluter Geborgenheit, absolut keiner Verpflichtungen. Auch der Trend zur allgemeinen Nostalgie – mit oder ohne «core» am Ende – ist ein hartnäckiges Phänomen und nahm mit der Pandemie noch einmal zu. Ständig erscheinen Neuauflagen von vertrauten Serien und Filmen, auf Instagram werden vergilbte Bilder voller guter Erinnerungen geteilt.

Kidcore ist auch hardcore

Eskapismus in Form von Mode. Kein neues Phänomen. «Camp» etwa, die Kunst der übertriebenen Pose als Lebenseinstellung, war schon immer ein probates Mittel, sich mit seiner Garderobe auf eine ganz andere Ebene zu katapultieren. Kidcore ist gewissermassen eine infantile Variante davon. Es geht darum, in einer zynischen, unsicheren Zeit die Freude an den kleinen Dingen zu suchen. Wieder über die Mode staunen zu können. Zumindest optisch, das innere Kind wiederzuentdecken.

Von Rahel Zingg am 5. Mai 2022 - 18:00 Uhr