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Eine Expertin erklärt:

Nierensteine verstehen, vorbeugen und behandeln

Nierensteine sind winzig, aber schmerzhaft. Immer mehr Menschen leiden unter ihnen. Expertin Dr. Anja Pfau klärt im Interview über Vorbeugung und Behandlung auf.

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Woman in home office suffering from back pain sitting at computer desk

Nierensteine können sehr schmerzhaft sein.

Getty Images

Nierensteine sind kleine, aber äusserst unangenehme Steine, die sich in den Harnwegen bilden und zu starken Schmerzen führen können. Das Harnsteinleiden ist relativ weit verbreitet: In Deutschland müssen rund fünf Prozent der Erwachsenen damit rechnen, einmal im Leben unter Nierensteinen zu leiden, Tendenz steigend. Dr. med. Anja Pfau, Fachärztin für innere Medizin und Nephrologie, nimmt in ihrem Buch «Nierensteine – Ursachen erkennen, richtig behandeln, Rückfälle verhindern» (riva Verlag) mit in ihre Nierenstein-Sprechstunde. Im Interview erklärt sie, welche Rolle der eigene Lebensstil spielt und ob sich hinter Nierensteinen auch andere Erkrankungen verbergen können.

Nierensteinerkrankungen haben in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zugenommen. Woran liegt das?

Dr. med. Anja Pfau: Das persönliche Risiko für Nierensteine steigt, wenn man an Übergewicht, Bewegungsmangel oder Typ-2-Diabetes leidet. Dabei handelt es sich aber um Volkskrankheiten, von denen ein immer grösserer Anteil der Bevölkerung betroffen ist. Dadurch treten dann Nierensteine ebenfalls häufiger auf. Dieser unschöne Trend macht leider auch vor Kindern und Jugendlichen nicht Halt.

Was sind die häufigsten Ursachen für Nierensteine?

Meist gibt es mehrere Faktoren, die am Ende zu Nierensteinen führen. Ernährung, Lebensstil und eine zu geringe Trinkmenge spielen eine zentrale Rolle. Ebenso wichtig ist oft auch eine gewisse erbliche Veranlagung, die die Bildung von Nierensteinen begünstigen kann. Kommt es wiederholt zu Nierensteinen, lässt sich bei den Betroffenen zum Beispiel oft ein ungewollter und unkontrollierter Verlust von Kalzium über die Niere nachweisen. Medikamente, chronische oder wiederholte Harnwegsinfekte, anatomische Besonderheiten, Durchfallerkrankungen und viele andere tragen ebenfalls zur Bildung von Nierensteinen bei.

Auch in Ihrem Buch «Nierensteine» schreiben Sie, dass der eigene Lebensstil und die Ernährungsgewohnheiten eine grosse Rolle spielen. Wie kann man über diesen Weg selbst Präventionsarbeit leisten und welche Lebensmittel/Getränke empfehlen Sie, welche sollte man lieber vermeiden?

Wer schon einmal einen Nierenstein hatte und weitere verhindern möchte, sollte darauf achten, die Trinkmenge so weit zu erhöhen, dass man mindestens zwei Liter Urin am Tag ausscheidet. Verboten sind dabei Softgetränke (z. B. Cola) und generell gesüsste Getränke.

Was die Ernährung anbelangt, so steht man auf der sicheren Seite, wenn man die Mittelmeerdiät befolgt, die zum Beispiel auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen wird. Ausserdem sollten sehr salzhaltige Produkte (Chips, Salzstangen, gesalzene Nüsse etc.) gemieden werden. Sehr Oxalat-haltige Lebensmittel wie Rhabarber oder Spinat sollte man sich ebenfalls nur selten und in Massen gönnen.

Regelmässige körperliche Bewegung und Vermeidung von Übergewicht spielen in der Vorbeugung gegen Nierensteine natürlich auch eine zentrale Rolle.

Wenn man diese Basismassnahmen umsetzt, wäre das schon einmal ein guter Schritt – deutlich mehr Details und Tipps werden im Buch erläutert.

Wie wichtig ist es, Nierensteine frühzeitig zu erkennen? Was sind erste Anzeichen für eine Nierensteinerkrankung und welche Symptome können auftreten?

Je früher man einen Nierenstein erkennt, desto eher kann man natürlich versuchen gegenzusteuern und das weitere Wachstum zu bremsen. Nierensteine machen sich auf verschiedene Weise bemerkbar: klassisch führen sie zu Koliken, also Schmerzen, die «in Wellen» kommen und gehen und vom mittleren Rücken nach vorne Richtung Harnblase ziehen. Nierensteine können aber auch «nur» ein Ziehen oder Drücken in den Flanken oder in der Harnblase auslösen. Manchmal macht sich ein Stein erst durch Fieber und eine Nierenbeckenentzündung bemerkbar. In besonderen Fällen sind die ableitenden Harnwege so verlegt, dass man plötzlich kein Wasser mehr lassen kann. Nierensteine können also auf unterschiedlichste Weise in Erscheinung treten. Und manchmal machen Steine gar keine Beschwerden und man entdeckt sie nur per Zufall in einer Ultraschalluntersuchung.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Leider gibt es auf diese Frage keine einfache Antwort. Ist ein Stein bereits vorhanden? Oder geht es darum, wie man bei hoher Rückfall-Quote weitere Steine verhindert?

Falls es immer wieder zu Nierensteinen kommt trotz Steigerung der Trinkmenge und Optimierung der Ernährung, dann gibt es durchaus Medikamente, die das Wachstum oder gar die Neubildung bremsen. Ist ein Stein erst einmal vorhanden und macht Beschwerden, geht aber nicht spontan ab, ist eine Operation oder eine Zerkleinerung im Rahmen einer sogenannten Stosswellenlithotripsie meist unumgänglich. Aber Achtung: nicht jeder Stein muss unbedingt mit einer Operation entfernt werden. Macht ein Stein keine Symptome, könnte man auch zunächst abwarten und ihn kontrollieren.

Es gibt also zahlreiche therapeutische Ansätze in Form von verschiedenen Operationsmethoden und Medikamenten. Welche Alternative im individuellen Fall die beste ist, hängt von vielen Faktoren ab. Mein Buch möchte darüber einen Überblick geben und erklärt, welche Behandlungsmöglichkeiten im Detail zur Verfügung stehen und wann welche Methode Sinn macht.

Können sich hinter Nierensteinen auch andere Erkrankungen verbergen?

Oh ja, das ist in der Tat möglich und ein sehr spannender Aspekt beim Thema Nierensteine!

Kommt es wiederholt zu Nierensteinen, obwohl man sich an alle Empfehlungen hält, sollte immer eine andere Erkrankung ausgeschlossen werden, die als eine Art «Symptom» die Bildung von Nierensteinen begünstigen kann. Behandelt man die Grunderkrankung, hilft das auch gegen die Nierensteine.

Beispielsweise können Erkrankungen aus dem Bereich der Rheumatologie, der Gastroenterologie (Verdauungsorgane) sowie der Endokrinologie (hormonelle Störungen) über Umwege zu Nierensteinen führen. In einem solchen Fall sind weiterführende Untersuchungen und detektivischer Spürsinn gefragt, um herauszufinden, welches Problem sich hinter dem Stein denn nun eigentlich verbirgt.

In meinem Buch nenne und erläutere ich die häufigsten Krankheiten, die mit Nierensteinen einhergehen können, und gebe praktische Ratschläge, welche «Warnsignale» auf solch eine andere Erkrankung hinweisen könnten.

Von spot am 26. Mai 2023 - 16:00 Uhr