Die riesigen Müllmengen im Ozean sind ein schreckliches Problem, Mikroplastik in der Umwelt ebenfalls. Wer PET sammelt, Plastikverpackungen vermeidet, zum Einkaufen seine eigene Tasche mitnimmt oder gar seinen Haushalt auf Zero Waste umgestellt hat, soll dies auch weiterhin tun. Allerdings – und das ist die schlechte Nachricht – die Wirkung dieser Massnahmen wird von den meisten Menschen überschätzt. Im Kampf gegen den Klimawandel sind Verbote von Plastikröhrchen, Ohrenstäbchen und Plastikverpackungen nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Denn leider ist alles etwas komplizierter.
Der Inhalt zählt, nicht seine Verpackung
In der Schweiz macht die Ernährung 28% der Umweltbelastung aus. Davon fällt der Konsum von Fleisch und Fisch am meisten ins Gewicht, gefolgt von Getränken, Milch und Eiern. Die Verpackung macht nur 1% aus. Wenn wir also Lebensmittel einkaufen, ist es viel relevanter was wir kaufen, als wie es verpackt ist. Das Rindsfilet ist viel umweltschädlicher als die Plastikverpackung, in der es steckt. Die Lösung: Weniger Fleisch essen und Milchprodukte reduzieren!
Plastik hilft gegen Food Waste
Verpackungen erfüllen eine zentrale Funktion: Sie schützen Lebensmittel vor dem Verderben, halten sie länger frisch und verhindern damit Food Waste. Die in Plastik eingeschweisste Gurke macht also Sinn, sie schrumpelt so weniger schnell, ihre Haltbarkeit wird verdoppelt. Auch zu Hause im Kühlschrank bleiben Kräuter, Salat und Co. länger frisch, wenn sie in einem Raschelsack aufbewahrt werden. Die Tüten kann man selbstverständlich mehrmals verwenden. Bei der Gurke hilft auch der saisonale Einkauf (April bis Oktober). In diesen Monaten entfallen Import und lange Transportwege, Plastik ist dann meist unnötig. Apropos Transport: Verpackungen aus Plastik sind deutlich leichter und brauchen weniger Material als solche aus Glas, Karton oder Papier. So werden Ressourcen gespart und die Belastungen beim Transport reduziert.
Stoffbeutel versus Plastiktüte
Das Thema Plastik macht deutlich, wie verzwickt und komplex Klimaschutz im Alltag ist. Vieles, was auf den ersten Blick ökologisch erscheint, ist wissenschaftlich gesehen nicht wirklich auch nachhaltiger. Zum Beispiel der Stoffbeutel: Eine britische Studie berechnete, dass dieser 131-mal benutzt werden muss, um die gleiche Ökobilanz einer herkömmlichen Plastiktüte zu erreichen. Grund dafür sind die Produktion der Baumwolle und die aufwendigere Verarbeitung eines Stoffbeutels. Bei Mikroplastik wiederum zeigte eine Untersuchung, dass der grösste Anteil aus dem Abrieb von Autoreifen stammt. Zugespitzt gesagt: Wer mit dem Auto in den Unverpackt-Laden fährt, kann es auch gleich bleiben lassen.
Natürlich sind die Diskussionen um Plastik auch deswegen so beliebt, weil uns die Einschränkungen nicht wirklich schmerzen: PET zur Sammelstelle zu bringen ist easy – allerdings spart eine recycelte Flasche nur 0,08 Kilogramm CO2 ein. Wer wirklich etwas bewirken will, setzt bei seiner Ernährung an oder den nächsten Ferien. Ein Flug nach Mallorca zum Beispiel verursacht 427 Kilogramm CO2, das entspricht rund 5300 wiederverwerteten PET-Flaschen.