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  4. Mode Trend 2020: Im Sommer tragen wir diese Kleider

Glaubt uns, ihr wollt es auch ...

Wenn das Nachthemd ein Doppelleben führt

Ein romantisches Picknick inmitten von Gänseblümchen, die Sonne scheint, vielleicht brummt der Laptop auf dem emsigen Schoss – wer sich dieser Tage aus Komfortgründen (und Gewohnheit) kaum aus Jogginghose und Leggings schälen kann, dem sei fürs neugewonnene Sozialleben Entwarnung gegeben: Das Nachthemd löst Stylingprobleme ebenso wie nervliche Anspannung.

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Instagram/daily_sleeper

Von welchem Brand dieses traumhafte Kleid ist? Sleeper. Sagt alles, oder?

Instagram/daily_sleeper

Man muss ja sagen, wir haben Glück gehabt. Schon bevor uns das Virus niedergetackled und an den Küchentisch gefesselt hat, war Stil ein äusserst dehnbarer Begriff. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn Sweatpants und Leggings galten schon vor März als akzeptabler Ersatz für die Anzughose. Irgendwas mit Stretch zum Blazer? Si, claro. Immer gern. Immer öfter. Wir trugen das Home Office quasi schon am Leib, bevor es angeordnet wurde.
Man genoss das, man faulenzte. Jetzt knospt mit der Flora auch das Sozialleben ganz wild. Es ist Frühling, fast schon Sommer – was da erwacht, sind nicht nur Gefühlsregungen jeglicher Art, sondern auch das Bedürfnis, mal wieder schwerelos auszusehen. Sich hübsch zu machen. Um dann wieder überfordert ins Bett zu fallen.
Gegen den Trennungsschmerz helfen Kleider, die an viktorianische Nachthemden erinnern. Es handelt sich um riesige Wolken zum Anziehen – man nimmt das Nest einfach mit ins pralle Leben.

Hirn aus, Kleid an

So einfach ist die Rückkehr ins normale Leben nämlich nicht. Früher, da hatte man Angst, was zu verpassen. Doch der Mensch gewöhnt sich an alles, auch an einen globalen Lockdown ohne Termine, Dates und anständige Hosen. Ohne einen kneifenden Bund, ohne zwickenden Schritt. Darf man wieder machen wie vorher, ist es auch nicht recht. Jetzt wieder mit Jeans ins Restaurant? Ein T-Shirt finden, das zum Rock passt? Panik!
Halt, Stopp! Rewind! Statt wie Oma früher den Nachttopf, schnappt man sich jetzt die Handtasche, wenn man aufsteht. Dann wirft man das Nightgown Dress über, wie man auf neudeutschem Denglisch so schön sagt, und schwebt über die Türschwelle. Das Nightgown Dress ist kein schnödes Nachthemd – mit Volants, Schnürungen, Biesen und abgesteppten Falten sehen wir darin aus wie stoffgewordene Zuckerwatte in Weiss, Pastell oder mit Blümchen. Feminin, nostalgisch und wahnsinnig schnell und gut angezogen. Und kommt jemand mit einem cremigen Gelage um die Ecke, dann darf man sich laben, als wäre es das letzte Mahl. Unter das hyperweite Nachthemd 2.0 passt nämlich alles und jede*r – egal ob hungrig oder mit Foodbaby. «Eng», was war das noch mal?

2. Hirn wieder an, weil: sanfter Krawall!

Während alle mit künstlich ausgefeilten Kurven durch Social Media heizen, fordert das Nightgown Dress rein gar nichts: keinen perfekt trainierten Bauch, keine schmale Taille, keine langen Beine, kein straffes Dekolleté. Oft hochgeschlossen und flattrig weit gibt es kaum etwas preis vom weiblichen Körper, rebelliert gegen das Klischee von Attraktivität – und macht es deswegen trotz altbackener Ernsthaftigkeit so furchtbar modern. Es will doch nur spielen.

Für immer hitzefrei

Wenns in den Träumen vom Strandurlaub schon nicht heiss her geht, dann machen wirs uns eben selbst: In den weiten Röcken der neuen Nachthemden verfängt sich auch der hiesige Sommerwind wunderbar, bauscht die Kleider auf, lässt uns durchatmen. In Wolken aus Baumwolle oder Leinen kommen wir nicht ins Schwitzen und ärmellose Varianten lassen unsere nackten Arme noch schöner Blumen pflücken.

Wie kommen wir optisch dennoch aus dem Bett?

Heels werden derzeit nur im Traum zertanzt. Die Realistin zeigt sich ausgeschlafen und bestreitet den Alltag zwar in üppigen, gerüschten Stoff-Schwaden, beschreitet den Boden der Tatsachen aber in flachen Schuhen wie Loafern, Mules oder Sandalen. Sneaker sind der willkommene Stilbruch, der den Kleidern den Zuckerguss nimmt. Filigraner Schmuck und Mini-Bags ergänzen das Textil-Volumen wunderbar. Und wie die Damen in dem Post unten zeigen (wenn man mal nach links swiped), dürfen sich auch Jeans unter die Kleider verirren, falls es kühler ist.
 

Gibt es also einen einzigen Grund, nicht im Nachthemd aus dem Corona-Dornröschenschlaf zu erwachen?
Nein.

Von Linda Leitner am 26. Mai 2020 - 07:39 Uhr