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  4. Lohnerhöhung trotz Corona: So verhandelt man richtig

Mehr Geld trotz Corona

«Kaum eine Firma zahlt einem freiwillig mehr Lohn»

Wir Schweizer*innen reden ja bekanntlich nur sehr ungern über Geld. Und noch schwerer fällt es uns, über das Salär zu sprechen. Beides sei aber extrem wichtig, sagt Job-Coach Anne Forster. Denn nur so klappt es auch in Zeiten von Corona mit der Gehaltserhöhung.

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Sparschweine

«Unser Gehalt geheim zu halten, bringt uns nicht weiter», sagt Anne Forster.

Getty Images

Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu. Viele Führungskräfte nutzen den Zeitpunkt, um die letzten zwölf Monate mit ihren Mitarbeitenden noch einmal Revue passieren zu lassen – in Form eines Jahresgesprächs. Angestellte sollten die Gelegenheit für sich nutzen, rät Job-Coach Anne Forster. «Im Rückblick kann man aufzeigen, wie viel man geleistet hat, welche Fortschritte man erzielen konnte und welchen Mehrwert man der Firma bringt», sagt sie. Das sei eine gute Grundlage, um nach einer Lohnerhöhung zu fragen.

Keine falsche Scham

Das klingt natürlich unangenehm. Gerade in Zeiten von Corona, wo viele Unternehmen in der Krise stecken. Das Virus allein sei aber kein Grund, sich zu scheuen: «Nicht alle Firmen und Branchen sind gleich stark betroffen. Man sollte sich daher gut informieren, wie die finanzielle Lage des Unternehmens aussieht», so Forster. So hat man auch ein Argument in der Hand, falls die Pandemie als Grund für eine Ablehnung vorgeschoben wird.

Ausserdem: Fragen kostet nichts. Im Gegenteil, es sei sogar notwendig, dass Mitarbeitende regelmässig mehr Gehalt fordern, so die Beraterin. «Solange man nichts sagt, gehen die Vorgesetzten davon aus, man sei zufrieden. Und kaum eine Firma zahlt einem freiwillig mehr Lohn.»

Den eigenen Wert kennen

Wer fordern will, muss sich allerdings gut vorbereiten. Dazu gehört es allen voran, sich zu überlegen, wie viel man denn gerne verdienen möchte. «Wer nach mehr Salär fragt, muss eine genaue Zahl nennen.» Die Forderung an die Geschäftsleitung darf dabei gerne ein wenig höher ausfallen, als das gewünschte Gehalt. Das schafft Verhandlungsspielraum. Komplett über das Ziel hinausschiessen sollte man allerdings nicht. 

Aber wieviel soll man konkret fordern? Das lässt sich am besten herausfinden, indem man über den Lohn spricht – und zwar mit Leuten ausserhalb, wie auch innerhalb der Firma. «Unser Gehalt geheim zu halten, bringt uns nicht weiter. Nur wenn wir transparent damit umgehen, können wir unfaire Lohnverhältnisse aufbrechen», so die Job-Expertin. 

Im Vergleich mit den Arbeitskollegen zeigt sich, wo man im Unternehmens steht. Um sich in der Branche zu verorten, hilft es zudem, sich mit Externen auszutauschen sowie auf Lohnrechner wie Glassdoor.ch oder die Zahlen des Bundesamtes für Statistik zurückzugreifen. «Indem man sich von verschiedenen Seiten her ein Bild macht, erkennt man seinen eigenen Marktwert und kann daraus eine sinnvolle Forderung ableiten.»

Ein Gespräch auf Augenhöhe

Für die Verhandlung mit dem Arbeitgeber braucht man eine gute Taktik. «Es gibt zwei Arten: Entweder man droht und sagt, ,ich will so viel oder ich gehe’ oder man überzeugt mit Argumenten. Ich empfehle Zweiteres», sagt Forster. Dafür sollte man sich vorab konkrete Beispiele aus dem Arbeitsalltag überlegen, welche die eigenen Kompetenzen aufzeigen.

Damit man die Begründung gut darlegen kann, sollte man dem Gespräch genügend Zeit einräumen. Ist das im Rahmen des Jahresgesprächs nicht möglich, kann dafür auch ein separater Termin geplant werden. «Man sollte nie zwischen Tür und Angel über das Salär sprechen. Es braucht einen Raum, wo man sich zusammen an einen Tisch setzen kann.» Das signalisiert den Vorgesetzten, wie wichtig einem das Anliegen ist.

Einem selbst gibt es zudem die Möglichkeit, sich aufrecht hinzusetzen und selbstbewusst aufzutreten. Das sollte sich auch in der Mimik und Tonalität wiederspiegeln. «Man muss klar und deutlich kommunizieren, aber höflich bleiben.» Wichtig ist auch, seinem Gegenüber gut zuzuhören, seine Argumente aufzugreifen oder im besten Fall direkt zu widerlegen.

Eine solide Ausgangslage

«Bei der Verhandlung darf man ruhig etwas hartnäckig bleiben und nicht direkt beim ersten ,Nein’ einknicken. Schliesslich kennt man die Gründe, warum eine Lohnerhöhung angebracht ist.» Wenn die Vorgesetzten nicht auf die geforderte Summe eingehen, bleibt einem immer noch die Option, eine Alternative vorzuschlagen. So kann man zum Beispiel fragen, ob sich die Firma stattdessen an einer Weiterbildung beteiligen würden.

Entscheidend ist es auch, gezielt nachzufragen, warum die Forderung nicht erfüllt wird. Was fehlt dann konkret, beziehungsweise woran muss man noch arbeiten, um in Zukunft mehr zu verdienen? «So weiss man, wo man sich verbessern muss. Gelingt einem das, ist zudem die ideale Ausgangslage für die Lohnverhandlung im nächsten Jahr», sagt Anne Forster.

Von Deborah Bischof am 24. November 2021 - 18:00 Uhr