«Über Geld spricht man nicht, man hat es», soll der Ölmagnat Jean Paul Getty einst gesagt haben. Dumm nur, wenn dadurch verschleiert bleibt, wie viel man (beziehungsweise frau) eben nicht hat. In der Schweiz verdienen Frauen im Durchschnitt 11.52 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Das zeigt die aktuellste Lohnstrukturerhebung (bezieht sich allerdings auf 2016) zum durchschnittlichen Erwerbseinkommen vom Bundesamt für Statistik. Ungehemmt mit Freunden und Arbeitskollegen über das Gehalt zu sprechen, klingt banal. Und sollte genau das auch sein. Lohntransparenz ist wichtig. Macht Unterschiede ersichtlich. Wirft Fragen auf.
Wieso Schauspielerin Michelle Williams für den Nachdreh des Films «All the Money in the World» mit weniger als 1000 US-Dollar entschädigt wurde, während Darsteller-Kollege Mark Wahlberg für den gleichen Dreh mehr als eine Million bekam? Verhandlungsgeschick – das sich trainieren lässt.
Zum Beispiel bei Sibyl Schädeli, die Lohnverhandlungskurse speziell für Frauen anbietet. Schädeli beschäftigt sich seit über zehn Jahren intensiv mit den Bereichen Leadership, Machtspiele in hierarchischen Organisationen und Frauenkarrieren.
«Generell reden Männer im Business hemmungsloser mit Vorgesetzten über Geld. Frauen sind diesbezüglich meistens etwas vorsichtiger»,
erklärt die Expertin. Nicht unbegründet. Während Männer das Bild vermittelten, zu wissen, was sie wert seien, müssten Frauen in gewissen Firmen damit rechnen, als kompliziert zu gelten. Die Folge? Überhaupt nicht verhandeln. Sich mit dem ersten Angebot abgeben.
Aber auch wenn verhandelt wird, erzielten Männer oftmals das bessere Salär. Bei gleicher Ausbildung, gleicher Arbeitserfahrung und gleichen Qualitäten mache das Geschlecht bei manchen Lohnrechnern sogar heute noch den Unterschied aus. Dazu gehöre übrigens auch der Lohnrechner des Bundesamtes für Statistik. Deshalb sei eine gute Vorbereitung umso wichtiger.
Vorbereiten und verhandeln: Tipps der Lohncoachin
1) Lohnrechner
Der Lohnrechner spuckt anhand der eingegebenen Angaben eine mögliche Lohnspanne aus. Kriterien, die dafür berücksichtigt werden, sind beispielsweise Ausbildung, Berufsabschluss oder Branche. Wichtig: Wenn ein Lohnrechner nach dem Geschlecht fragt, immer das männliche wählen! Das Ergebnis kann ansonsten bei einigen Rechnern tiefer ausfallen. Um eine möglichst realitätsnahe Lohnspanne zu erhalten, tippt man sich gleich durch mehrere Lohnrechner und vergleicht die erhaltenen Ergebnisse miteinander. Der Lohnrechner sollte die Werte in der Schweiz wiedergeben wie der vom Bundesamt für Statistik oder der auf Portal jobs.ch.
2) Allgemeine Internetrecherche
Im Internet finden sich viele Auflistungen über Lohnspannen in verschiedenen Bereichen. Diese helfen ebenso einen angemessenen Wert zu definieren. Auch hier gilt: Die Löhne müssen jene der Schweiz repräsentieren.
3) Sich umhören – und über Geld sprechen
Als weitere Quelle dienen Freunde oder Bekannte, die in der gleichen Branche tätig sind. Auch künftige Arbeitskollegen oder ehemalige Mitarbeiter des zukünftigen Arbeitgebers können dafür angefragt werden.
4) Das Gesprächsszenario üben
Wieso aus der Hauptprobe eine Premiere machen, wenn sich das Gespräch durchspielen lässt? Es hilft, mehrere Szenarien mit jemandem, der eine hartnäckige Rolle verkörpern kann, ein paar Mal zu üben. Das bringt Sicherheit.
5) Bestimmte Zahl statt Spanne nennen
Bei der Lohnvorstellung nicht die recherchierte Spanne nennen. Oftmals ist der untere Teil der Spanne nämlich ein angemessener Mindestlohn, aber kein gutes Salär. Die tiefst genannte Zahl wird im schlechtesten Fall noch weiter runtergehandelt. Wenn eine Spanne angeben, dann jene, bei der der untere Wert für einen selber einen angemessenen Lohn widerspiegelt. Besser: eine konkrete Zahl aussprechen.
6) Mit der richtigen Zahl einsteigen
Als Hilfestellung nimmt man dafür die zuvor recherchierte Lohnspanne. Je nach Ausbildung und Arbeitserfahrung sollte man dort an einem Wert im mittleren oder oberen Teil festhalten. Bringt man einen sehr guten Background mit, kann auch ein Vorschlag, der über der Lohnspanne liegt, genannt werden. Eine Daumenregel besagt, 20 Prozent auf den Höchstwert draufzuschlagen.
7) Den vorherigen Lohn nicht nennen
Sollte der vorherige Lohn nicht ausserordentlich hoch liegen, erwähnt man ihn bei der Lohnverhandlung am besten nicht. Der Arbeitgeber könnte sich womöglich am letzten Lohn orientieren, was im Widerspruch zum erwünschten Lohnsprung steht. Eine Antwort, um der Frage aus dem Weg zu gehen? «Mein vorheriger Arbeitgeber möchte nicht, dass ich Zahlen gegenüber Dritten nenne.». Eine andere Taktik wäre, den Ball wieder zurückzuspielen: «Die neue Funktion ist mit meiner alten nicht vergleichbar, was würden Sie mir anbieten?»
8) Den Vorschlag des Arbeitgebers verhandeln
Der Arbeitgeber bringt gleich zu Beginn eine Zahl, die unter der eigenen Vorstellung liegt? Dann als erstes betonen, dass der Vorschlag unter der eigenen Vorstellung liegt. Folgt die Frage nach dem eigenen Vorschlag, nennt man seinen Wert. Heisst es aber, der Lohn sei nicht zu verhandeln (was meistens übrigens nicht der Wahrheit entspricht), gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Die Recherche vorlegen
Die Vorbereitung ist insofern wichtig, weil sie Teil der Begründung sein kann, einen höheren Lohn einzufordern.
Gedanklich für jemand anderen verhandeln
Die Vorstellung darüber, nicht für sich selbst, sondern für die Kinder oder Freunde zu verhandeln, kann bewirken, sich stärker dafür einsetzen zu wollen.
Benefits rausschlagen
Der Lohn ist ein entscheidender Faktor, der die Arbeitszufriedenheit beeinflusst. Aber nicht der einzige. Wenn sich am Lohn nichts schrauben lässt, zumindest versuchen, andere Faktoren wie flexible Arbeitszeiten, Möglichkeit auf Home Office oder die Mitfinanzierung von Reiseabonnements und Weiterbildungen zu gewinnen.
Bedenkzeit anfordern
Lässt sich gar nichts machen, das Angebot nicht gerade annehmen oder ablehnen. Antönen, dass man eine Nacht darüber schlafen möchte. Voreilige Handlungen könnten im Nachhinein bereut werden.
Sich damit abgeben
Je nach Ausgangslage ist man trotz des tiefen Lohnes auf die Stelle angewiesen. Man kann sich darauf einlassen und nebenbei weitersuchen, bis ein besseres Jobangebot gefunden wird. Oder zu einem späteren Zeitpunkt, wenn messbare Leistungen (Verkaufszahlen, erfolgreiche Projekte) erbracht wurden, den Lohn erneut verhandeln.
Den Job ablehnen
Die Entscheidung darüber, ob wir den Job wollen oder nicht, liegt letztlich bei uns. Sollte das tiefe Gehalt für Unzufriedenheit sorgen: ablehnen. Niemand ist gezwungen, sich unter seinem Wert zu verkaufen. Die Chance, dass der Arbeitgeber sich trotzdem willig zeigt, nach einer Ablehnung mehr zu zahlen, sinkt, je mehr Bewerber die gleichen Qualitäten vorweisen können.
Auf gehts! Let's talk about Money!
Welche Erfahrungen habt ihr bei Lohnverhandlungen gemacht?